Weisungsrecht des Arbeitgebers: Was, wenn die Weisung unbillig ist?
Im Arbeitsverhältnis kann der Arbeitgeber den Inhalt, den Ort und die Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, so steht es in § 106 GewO. Voraussetzung ist, dass der Arbeitsvertrag zur Zeit, dem Inhalt und dem Ort der Arbeitsleistung keine konkreten Regelungen enthält; gibt der Arbeitsvertrag hierzu exakte Regelungen vor, kann der Arbeitgeber seine Weisungen nur innerhalb dieser vertraglichen Vereinbarungen erteilen. Sein Recht, dem Arbeitnehmer Anweisungen zu erteilen, wird durch die Regelungen im Arbeitsvertrag begrenzt.
Oft enthalten die Regelungen im Arbeitsvertrag zum Inhalt der Arbeitsleistung nur allgemeine Regelungen, wie beispielsweise eine Berufsbezeichnung (… Tätigkeit als Bürokauffrau). Der Arbeitgeber kann dann dem Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts innerhalb dieses Tätigkeitsbereichs konkrete Aufgaben zuweisen. Was, wenn der Arbeitgeber allerdings die Grenzen seines Weisungsrechts überschreitet und beispielsweise einer Bürokauffrau die Tätigkeit überträgt, für eine anstehende Konferenz extra angelieferte Tische zusammen zu bauen? Da das Montieren von Tischen rein gar nichts mit dem Berufsbild einer Bürokauffrau zu tun hat, wäre die Weisung im konkreten Fall unbillig. Wie reagiert man als Arbeitnehmer aber auf eine solche unbillige Anweisung des Chefs?
Früher ging das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass der Arbeitnehmer auch unbillige Anweisungen des Arbeitgebers zunächst auszuführen und vor Gericht die Anweisung auf deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen hat. Stellte das Gericht dann die Unbilligkeit der Weisung fest, hatte der Arbeitnehmer das Recht, die weitere Ausführung dieser Tätigkeit zu verweigern, aber eben erst nach gerichtlicher Entscheidung.
Zwischenzeitlich geht das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass Arbeitnehmer eine unbillige Weisung des Arbeitgebers von vornherein nicht befolgen müssen, auch wenn der Arbeitnehmer die Weisung nicht gerichtlich überprüfen lässt und insoweit eine entsprechende Entscheidung des Arbeitsgerichts im Hinblick auf die konkrete Weisung nicht vorliegt (BAG 14.09.2017; 5 AS 7/17).
Es bleibt für den Arbeitnehmer aber das Problem, dass er entscheiden muss, ob die Weisung des Arbeitgebers tatsächlich unbillig ist. Es gibt Situationen im Arbeitsleben, da kann ein Arbeitnehmer als juristischer Laie nicht einschätzen, ob eine Anweisung des Chefs sich noch im rechtlichen Rahmen oder bereits außerhalb des Direktionsrechts bewegt und damit unbillig ist.
Im Zweifel sollten sich Arbeitnehmer hierzu frühzeitig fachkundig beraten lassen, da beim Ablehnen von Arbeitsaufträgen, von denen der Arbeitnehmer der Auffassung ist, sie seien unbillig und nicht zu befolgen, bei später gerichtlich festgestellter Rechtmäßigkeit der Weisung, Abmahnung und ggf. ein fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung drohen. Im Zweifel sollte der Arbeitnehmer – wie bisher auch – den Arbeitsauftrag ausführen und unverzüglich anwaltlichen Rat einholen.
Bei Fragen zum Weisungsrecht des Arbeitgebers und Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers beraten und unterstützen wir Sie gern!